21. Fernsehworkshop Entwicklungspolitik

6. Eine-Welt-Filmpreis NRW beim 21. Fernsehworkshop Entwicklungspolitik

Zum 6. Mal wird im Rahmen des Fernsehworkshop Entwicklungspolitik der Eine-Welt-Filmpreis NRW verliehen. Der Preis wird von der Staatskanzlei NRW/Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien gestiftet und ist mit 5.000 €, 3.000 € und 1.000 € dotiert.

1. Preis (ex aequo): Shosholoza Express von Beatrice Möller
1. Preis (ex aequo): Dirty Paradise von Daniel Schweizer
3. Preis: Das Dschungelradio von Susanne Jäger

Mitglieder der Jury

Maria Dickmeis, WDR Red. tag 7, Köln
Christa Graf, Filmemacherin, München
Roland Kohm, Ev. Medienhaus, Stuttgart
Corinne Kuenzli, Filmemacherin, Bern
Dr. Christan Lüffe, Goethe Institut, München

Die Begründungen

1. Preis: Shosholoza Express von Beatrice Möller

Die Filmemacherin Beatrice Möller verknüpft eine Reihe von Interviews zu einem Reigen von Momentaufnahmen von hoher Dichte. Da sie einen Teil ihrer Kindheit in Südafrika verbracht hat, gelingt es ihr, eine besondere Nähe zu ihren Protagonisten herzustellen. In Aufnahmen von überzeugender Authentizität werden Biographien mit der Geschichte von Südafrika verwoben. Soziale Probleme und Ängste um die Zukunft des Landes erhalten ein Gesicht. Exemplarisch wird so die Komplexität und Widersprüchlichkeit von sozialer, kultureller und politischer Entwicklung nach Überwindung des Apartheid-Systems sichtbar. Landschaftsaufnahmen und kuriose bis herzliche Begegnungen zwischen Weißen und Schwarzen schaffen einen abwechslungsvollen Rhythmus, in dem der Alltag der Annäherung für den Zuschauer nachvollziehbar wird.

1. Preis: Dirty Paradise von Daniel Schweizer

Was die Bedrohung des Lebensraums bedeutet, schildert Daniel Schweizer in seinem poetischen Dokumentarfilm. Konkret, nachvollziehbar und sachlich beschreibt er, wie Umweltgifte beim illegalen Goldabbau im Regenwald entstehen. Sie bedrohen die Gesundheit vor allem der Kinder der Wajano-Indianer. Schweizer protokolliert aus der Perspektive der Wajanos die Machtlosigkeit gegenüber den Invasionen der Goldsucher, die Zerstörung der Umwelt sowie das unzureichende Engagement für die Rechte der Indianer von Seiten der europäischen Politik. Seine poetische Dimension erhält der Film durch immer wieder einmontierte Szenen spielender Wajano-Kinder und die Erinnerung der älteren Indianer an ihren ursprünglichen, reinen Lebensraum, in dem sie in früheren Zeiten gelebt haben. Aus diesen Bildern einer idealen Welt sprechen unsere Sehnsucht nach der Schönheit des Regenwaldes und unsere Achtung vor den Indianern, die in der heutigen Realpolitik leider wenig Gewicht hat. Die bewegende Kraft des Dokumentarfilms resultiert aus diesem Kontrast zwischen der Darstellung der Bedrohung und gleichzeitiger Hommage an ein untergehendes Paradies.

3. Preis: Das Dschungelradio von Susanne Jäger

Susanne Jäger betrachtet den Lebensalltag im Dschungel von Nicaragua und gibt Einblicke in die Kultur des dort herrschenden Machismos. Ausführlich äußern sich Frauen, wie sie die weit verbreitete Unterdrückung und Gewalt erleben. Musikeinlagen und Interviews mit Männern vertiefen das Thema. Im Mittelpunkt steht die mutige und unermüdliche Yamileth Chavarria, die ein Bürgerradio von und für Frauen betreibt. Das familiäre und dörfliche Leben im Sendegebiet des Radios wird gekonnt verbunden mit der Beschreibung dieses Bürgerfunks. Der Zuschauer erlebt, wie Chavarria sich für die Frauenrechte und für Bildung und Gesundheitsprojekte engagiert. Susanne Jäger rückt die aktive Rolle der ProtagonistInnen und ihre Fähigkeit zur Selbsthilfe und Gestaltung ihrer Zukunft in den Vordergrund. Dank dieser Bilder entsteht ein tieferes Verständnis für die Probleme von Entwicklung.

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Filmempfehlungen für die Bildungsarbeit

Der Netzwerker von Shaheen Dill-Riaz

Der Dokumentarfilm aus der Reihe "Fremde Kinder"  führt mit einer außerordentlichen Authentizität in das Leben des 13-jährigen Sohel aus Dhaka in Bangladesch ein. Er bietet sich den Bewohnern auf Schwemminseln als mobiler Telefondienstleister an. Sie sind zu arm, um sich ein Handy zu leisten und telefonieren deswegen gern mit seinem Mietgerät. Der Film begleitet ihn auf seinen „Geschäftsreisen“ zu den Inselbewohnern. Zuhause äußern Familienmitglieder in frappierender Offenheit Zweifel an seinem Geschäftserfolg. Trotzdem erwarten sie von dem Jungen, dass er die Familie ernährt, nachdem sich Sohels Vaters von seiner Frau getrennt hat
Das Portrait von Sohel sensibilisiert für die schwierigen Lebensumstände von Familien und jungen Menschen aus dem Süden. Der Kurzfilm kann besonders Jugendliche ansprechen, die sich auch mit der Berufswahl und dem Geldverdienen beschäftigen müssen und sich für Handys begeistern. Der Vergleich zwischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden kann ein Einstieg sein, sich mit Fragen der Entwicklung zu beschäftigen.

La Isla - Archive einer Tragödie von Uli Stelzner

Der Dokumentarfilm behandelt das Thema der politischen Morde in Guatemala, die in den westlichen Medien wenig thematisiert worden sind. Durch Zufall wurde ein Geheimarchiv der Polizei in Guatemala-Stadt entdeckt, worin brisante Dokumente der jahrzehntelangen Verfolgungspraxis versteckt wurden. Gut recherchiert und inszeniert beschreibt der Regisseur die Untersuchung dieses Archivs. Helfer wollen die bisher verheimlichten Verbrechen der Regierung und Geheimpolizei ans Licht bringen. Sie werten Zehntausende von Aktenseiten aus und rekonstruieren mühevoll ein Bild des Terrors und die Einzelschicksale von Ermordeten und verschwundenen Personen. Eingestreut sind Archivaufnahmen aus Fernsehberichten.
Die teilweise experimentelle Inszenierung verdichtet die Vorgänge zu einem eindrücklichen Dokument des schmerzhaften aber notwendigen Bemühens um die Aufarbeitung eines dunklen Kapitels der guatemaltekischen Geschichte.

Made in China von Sarah Chu und Mumtaaz-Mahomed Peerbhay

Sarah ist die Hauptfigur des Films und zugleich Produzentin und Ko-Regisseurin. Sie ist als Zehnjährige aus China nach Südafrika gekommen. Ohne Sprachkenntnisse muss sie sich in einer ihr völlig fremden Kultur zurecht finden. Sie schildert ihre Probleme mit ihren Eltern und die Vorurteile der Südafrikaner ihr gegenüber. Der Film beschreibt ihre persönliche Entwicklung mit all ihren Problemen und Widersprüchen. Die Tattoos auf ihrer Haut berichten von ihren Sorgen, Hoffnungen und Kämpfen. Am Ende schafft sie es, anerkannt zu werden und bewegt sich sicher und neugierig in den Medien- und Kulturwelten Südafrikas.
Der Film greift jugendliche Seherwartungen auf und experimentiert mit Gestaltungselementen der Jugendkultur. Die sympathische Heldin lädt zur Identifikation ein. Stellvertretend macht sie den komplexen Verlauf von Migration und Integration an ihrer eigenen Geschichte sichtbar. Sie plädiert für eine differenziertere Sicht auf Menschen, die vor ähnlichen Problemen stehen.

Hunger von Marcus Vetter und Karin Steinberger

Eine globale Gesamtschau wagen Marcus Vetter und Karin Steinberg. Die einzelnen Episoden in verschiedenen Ländern greifen eine Vielfalt von Problemfeldern auf. Sie fügen sich zu einem stringenten Bild der Verelendungsspirale, die zunächst sprachlos und betroffen macht.
Der Film motiviert zu einer intensiveren Auseinandersetzung und mahnt die Industrienationen, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden. Die DVD-Edition mit zusätzlichen Begleitmaterialien gibt Hinweise für Aktionen und der tieferen Beschäftigung mit der komplexen Materie.

Blood in the Mobile von Frank Piasecki Poulsen

Die spannende und teilweise abenteuerliche Dokumentation im Stile investigativen Journalismus behandelt die Gewinnung sogenannter Konfliktmineralien für die Handyherstellung im Kongo. Der dänische Filmemacher Frank Poulson versucht, Licht in die kriminellen und menschenverachtenden Zustände zu bringen. Zeitweise bringt er sich dabei selbst in Gefahr. Zurück in Europa konfrontiert er den Mobilfunkhersteller Nokia mit seinen Beobachtungen.
Die emotionale Ansprache des Publikums eignet sich vor allem für den Einsatz in der Jugendarbeit. Die Frage der Verantwortung westlicher Konsumenten steht dabei im Vordergrund.

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